Stephan Ossenkopp
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Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sagte Anfang Juni zur Lage des industriellen Mittelstands: „16 Prozent der befragten Unternehmen sind bereits aktiv dabei, Teile der Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Weitere 30 Prozent denken konkret darüber nach.“
Das sind im schlimmsten Fall 46 Prozent der mittelständischen Industrieunternehmen.
Für fast zwei Drittel der befragten Unternehmen sind die Energie- und Rohstoffpreise eine der drängendsten Herausforderungen. Aber auch über zu viel Bürokratie und langwierige Genehmigungsverfahren klagen 37 Prozent der befragten Unternehmen akut.
Wenig später meldete der BDI: Immer mehr Unternehmen verlagerten ihre Produktion ins Ausland. Der industrielle Kern sei von 22,9 Prozent im Jahr 2016 auf nur noch 20,3 Prozent im Jahr 2022 geschmolzen.

Nun haben auch die Marktforscher von Kantar ihre Umfrageergebnisse vorgelegt. Von den großen mittelständischen Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten wollen sogar 36 Prozent ihre Produktion verlagern.
Gleichzeitig geht die Produktion wichtiger Grundstoffe in Deutschland dramatisch zurück. In der chemischen Industrie liegt der Rückgang zwischen 12 und 26 Prozent im ersten Halbjahr 2023, so der Branchenverband VCI auf seiner Pressekonferenz am 21. Juli.
Die Mitgliedsunternehmen des VCI glauben nicht mehr an den Standort Deutschland. Hohe Energiepreise und Steuern, schlechte Infrastruktur, Fachkräftemangel, Digitalisierungsstau und Bürokratiewahnsinn raubten den Unternehmen das Vertrauen, so Verbandschef Steilemann.
Es liegt nicht an der Globalisierung und daran, dass die Schwellenländer aufholen. Wir haben uns die Wettbewerbsnachteile selbst eingebrockt.

Wir haben das 1 x 1 der Marktwirtschaft vergessen.
Dazu ein Zitat aus dem Buch Soziale Marktwirtschaft von 1988: Eine der Hauptaufgaben des Staates ist es, „die Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland zu modernisieren und weiter auszubauen. Ein günstiges Energiepreisniveau ist und bleibt ein entscheidender Standortfaktor von internationalem Gewicht“.
Aber auch der „Ausbau der Verkehrswege“ und die „Anbindung an die großen internationalen Wirtschaftsräume zu Lande, zu Wasser und in der Luft entscheiden mit über den Standort BRD und seine Wettbewerbsfähigkeit“.
Einer der Autoren, Andreas Müller-Armack, war im bayerischen Verkehrsministerium tätig. Sein Vater Alfred Müller-Armack gilt als einer der Begründer der Sozialen Marktwirtschaft.
Offenbar hat die Bundesregierung die rationalen Grundlagen gegen eine Fata Morgana eingetauscht, in der Deutschland in einem postindustriellen grünen Garten Eden lebt, vegan, mit Lastenfahrrädern und Stromzuteilungen.
Jeder Unternehmer, der noch einen Funken Leidenschaft für sein Land empfindet, sollte dieser Entwicklung sofort Einhalt gebieten.
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